Umgang mit der AFD
- Vorstand
- 1. Jan. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Antragsteller*in 1: Michael Ushakov
Antragsteller*in 2: Dalia Grinfeld
Wir stellen fest, dass die AfD seit der Bundestagswahl 2017 mit 12,6 % im Deutschen
Bundestag vertreten ist und somit Meinungen der deutschen Bevölkerung repräsentiert.
Somit ist zum ersten Mal seit dem Ende des Holocausts wieder eine rechtspopulistische
Partei im Bundestag vertreten.
Wir stellen fest, dass die AfD mit ihren Themenschwerpunkten reale Ängste und
Ressentiments in der Gesellschaft anspricht. Diese Ängste intensivieren sie, indem sie
fremdenfeindliche Menschenbildern vertreten und propagandieren. Sie instrumentalisieren
die Sorgen der Bürger*innen für ihre rassistischen Lösungsansätze.
Wir stellen fest, dass die AfD, unserer Auffassung nach, dem Grundsatz von
Religionsfreiheit (Art. 4 GG) , u.a. durch die Forderung des Verbots des Schächtens (religiös
begründetes Schlachten von Tieren) und der Forderung des Verbots der religiös motivierten
Beschneidung des Mannes entgegensteht. Grundlagen des jüdischen Lebens in
Deutschland werden von der AfD somit (theoretisch) unmöglich gemacht. Das
Grundsatzprogramm dämonisiert den Multikulturalismus und sieht die deutsche Kultur als
bestehendes, unveränderliches Produkt - das ist rassistisch.
Wir stellen fest, dass die AfD durch das Predigen einer "traditionellen Familie" in ihrem
Grundsatzprogramm und darüber hinaus homophob ist. Durch die Rückbesinnung auf die
"Vollzeit-Mutter" und die Forderung der weiteren Kriminalisierung von Abtreibungen vertritt
die AfD ein unemanzipiertes Frauenbild.
Wir stellen fest, dass anhand der drei zuvor genannten Punkte bei der AfD
undemokratische Tendenzen vorhanden sind.
Wir stellen fest, dass gewählte Vertreter der AfD sowohl antisemitische, rassistische und
menschenverachtende, als auch Holocaust relativierende Aussagen tätigten. Mit Worten wie
u.a. "Ziege", "Parasiten", wurden Menschen einer Religionsgruppe im nationalsozialistischen
Jargon beschrieben. Solchen Fällen folgte keine nachhaltige und konsequente Reaktion der
Partei.
Wir stellen fest, dass die AfD für viele Holocaustleugner eine neue politische Heimat
geworden ist, ohne dass sich diese Personen von ihren menschenverachtenden Positionen
distanziert haben.
Wir glauben, dass jeder Mensch - unabhängig von Religion, Geschlecht, sexueller Identität,
Hautfarbe, ethnischer Herkunft, Behinderung, Alter und politischer Orientierung - gleich ist
und gleich zu behandeln ist. In diesem Glauben werden wir bestärkt von der Verfassung der
Bundesrepublik Deutschland und von jüdischen Textgrundlagen (Tanach, Talmud usw.) auf
denen unsere Religion basiert.
Wir glauben, an die Vorteile einer pluralistischen Gesellschaft, die Selbstbestimmungsrechte
der Frau und die Freiheit seine Sexualität frei auszuleben. Wir sehen es als unsere Pflicht
diese pluralistischen Werte zu verteidigen.
Wir glauben, dass das Grundsatzprogramm der AfD mit den Einschränkungen der
Religionsfreiheit gegen die Art. 3 GG und Art. 4 GG verstößt. Die Umsetzung der
Forderungen der AfD würden jüdisches Leben und religiöse Vielfalt in Deutschland
unmöglich machen.
Wir glauben, dass wir als jüdische Minderheit ein Bewusstsein für das Minderheitendasein
in Deutschland haben und die Pflicht haben uns für die Rechte anderer aktiv einzusetzen,
auch um unsere Rechte präventiv zu schützen.
Wir glauben, dass die AfD versucht jüdische Bürger*innen und Institutionen für ihre Zwecke
zu instrumentalisieren.
Wir glauben, dass wir sowohl als Juden, sowie auch als Bürger Deutschlands in der
Verantwortung stehen, den Opfern des Holocaust zu gedenken und die Geschehnisse und
Verbrechen der Geschichte weder zu vergessen, noch zu relativieren.
Wir glauben, dass diverse Lösungsvorschläge der AfD einer freiheitlichen und
demokratischen Gesellschaft widersprechen.
Wir fordern, dass die JSUD jegliche Kooperation, Unterstützung und Zusammenarbeit mit
der AfD und ihren Unterorganisationen unterlässt. Bei Anfragen zu öffentlichen Auftritten und
Veranstaltungen wie Podien, Demonstrationen usw., bei denen die AfD als Gesprächspartner
oder (Mit-)Organisator auftritt, ist eine individuelle Prüfung der JSUD Teilhabe durch den
JSUD Vorstand vorzunehmen.
Wir fordern, dass die JSUD kontinuierlich auf antisemitische, rassistische, undemokratische,
holocaustrelativierende und -leugnende, frauenfeindliche und homophobe Äußerungen und
Einstellungen der AfD Partei, Fraktion und einzelner Funktionäre aufmerksam macht und
sich aktiv gegen diese mit einer lauten, öffentlichen Stimme einsetzt.
Wir fordern, dass die JSUD auch in Kooperation mit anderen Organisationen
Aufklärungsarbeit zu den Gefahren von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD leistet und
somit verhindert, dass die AfD unter dem Deckmantel der Israel- und Judenfreundlichkeit
insbesondere bei jüdischen Wählern Erfolge verzeichnet.
Wir fordern, dass sich die JSUD und ihre Zielgruppe intern mit den Inhalten der AfD, aber
auch anderer Parteien, kritisch auseinandersetzt und für die realen Ängste der Bevölkerung
versucht Antworten zu finden, die für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft förderlich
sind.
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